Hier finden Sie zur Straßburger Erstausgabe (GW5048) eine tabellarische Übersicht, welche die einzelnen Kapitel mit der Synopse verlinkt und einen Überblick über die Holzschnitte und ihre Wiederholungen gibt.
Die sog. "Interpolierte Fassung" GW 5048, die in Grüningers Straßburger Offizin erschien, erlebte drei Auflagen in Straßburg und zwei Nachdrucke in Augsburg. Kennzeichen der ersten Ausgabe sind:

  • Die fiktive Datierung ("11.2.1494") wurden aus der Basler Erstausgabe übernommen. Tatsächlich ist GW 5048 nach der Basler Erstausgabe und vor dem ersten Augsburger Nachdruck, der am 23.5.1495 erschienen ist, zu datieren. Grundlage des Straßburger Textes ist die Basler Erstausgabe (GW 5041), u.a. da die Zusatzkapitel der Zweitausgabe (GW5046) 110a und 110b fehlen. Der Text ist in zwei Spalten gesetzt, die Motti sind auf 4 Verse erweitert (in Kap. 13 gar auf 8 Verse).

  • Die Straßburger Ausgabe hat statt 114 nun 117 Kapitel (siehe Überblick über den Aufbau). Gänzlich neu hinzu kommt das Kap. 115 'Bös glöbig narren'. Dupliziert werden die Kap. 27, 48, 49 und 107, und zwar in der Form, dass das jeweilige Kap. zunächst in einer interpolierten Textfassung und einige Kapitel später in einer der Basler Originalausgabe entsprechende Textfassung abgedruckt wird. Das Kap. 112 'Der wyß man' hingegen fehlt; die Reihenfolge der Kapitel ist leicht geändert: 1-48a,49a; 48b,49b-67; 107a; 100a; 68-89; 93, 92, 90, 91; 94-101; 27b; 102-109; [115]; 110-111.

  • Die Wiederholung der Kapitel 27, 48, 49, 100 und 107 ist bemerkenswert: Die Kapitel sind zum einen in einer erweiterten, interpolierten Fassung, zum anderen in einem der Basler Ausgabe entsprechenden Umfang abgedruckt. Zarncke 1854 stellte die These auf, dass (mindestens) zwei Setzer parallel an der Straßburger Ausgabe arbeiteten (s.u.). Darauf deute u.a. die Duplizierung von Kap. 48 und 49 hin (siehe Überblick über den Aufbau): Kap. 48a weist auf fol. i3r umfangreiche Erweiterungen auf, bei seiner Wiederholung auf fol. k1r entspricht es der Basler Erstausgabe. Kap. 49 weist auf fol. i5r (dort ohne Holzschnitt und ohne Titel!) ebenfalls umfangreiche Interpolationen auf, während es auf fol. k2r der Basler Erstausgabe entspricht. Womöglich entstand die Dopplung, weil mind. zwei Setzer parallel zueinander am ersten bzw. zweiten Teil der Ausgabe arbeiteten und sich am Ende / Anfang "ihrer" Teile überschnitten (Setzer 1 bearbeitete demnach Kap. 1-48a/49a, Setzer 2 bearbeitete Kap. 48b/49b-Schluss).

  • Die Ausgabe enthält 123 Holzschnitte, aber - im hier zugrunde gelegten Freiburger Exemplar - nur 62 verschiedene. Die Holzschnitte mussten für diese Ausgabe von wohl drei Reißern neu geschnitten werden, da die Basler Holzschnitte dem Nachdrucker Grüninger nicht zur Verfügung standen. Es handelt sich um 62 kleinere Nachschnitte der Basler Vorlagen, die jeweils für bis zu vier Narrenkapitel verwendet wurden (vgl. Geeraedts 1980). Die Wiederholungen sind im Überblick über den Aufbau verzeichnet.
Die anonymen Bearbeiter, die wohl im Umfeld der Straßburger Offizin von Grüninger zu suchen sind (seine correctores?), haben die Kapitelstruktur des Basler 'Narrenschiffs' (mit punktuellen Modifikationen, s.o.) übernommen, Brants Text aber durch eigene Interpolationen ergänzt und erheblich erweitert. Den 6.346 Originalversen der Basler Ausgabe stehen 10.711 Verse in der Straßburger Fassung gegenüber (Voss 1994, S. 29f.). Diese Plusverse bleiben weitgehend auf den ersten Werkteil beschränkt (Kap. 1-49; 109-112), Kap. 50-108 sind kaum interpoliert, vgl. die Übersicht bei Zarncke 1854, LXXXIV-LXXXVI.

Zarncke geht davon aus, dass ein Interpolator Kap. 1 bis 49a verändernd bearbeitete, während zeitgleich und parallel dazu ein anderer Mitarbeiter Grüningers die Kapitel 48b bis 108 treu nach der Vorlage setzte. Diese These beurteilt Geeraedts 1980 mit Recht skeptisch. Gut möglich, dass pragmatisch-ökonomische Gründe oder der Zeitdruck, möglichst schnell einen Nachdruck auf den Markt zu bringen, eine Rolle spielten. Inhaltlich führen die Plusverse das jeweilige Kapitelthema weiter aus, indem sie neue Vergleiche und Exempla zur jeweiligen "Narretei" einflechten, so dass der Kapitelumfag teilweise um die Hälfte oder zwei Drittel amplifiziert wird. Teilweise werden Passagen aus anderen Kapitel kopiert und per "Copy and Paste" inseriert (etwa bei Kap. 23 und 38). Was Brants Originaltext und was Straßburger Interpolation ist, lässt sich erst durch akribische Kollation erkennen. Eine solche hat, wie Sebastian Leue entdeckte, Friedrich Zarncke anhand des Weimarer Exemplars der Ausgabe GW 5048 durchgeführt: Seine handschriftliche Markierung aller (!) Plusverse sind im Digitalisat des Weimarer Exemplars gut erkennbar.
Die interpolierte Straßburger Fassung erfuhr bald Neuauflagen bzw. Nachdrucke. Am 23.5.1495 publizierte Johann Schönsperger d.Ä. einen Nachdruck (GW 5049), der weitgehend inhaltsgleich ist und die Holzschnitte des Augsburgers Nachdrucks des 'Narrenschiffs' übernimmt (Mausolf-Kiralp 1990, 137). Es folgten zwei weitere (im Detail veränderte) Ausgaben in Grüningers Straßburger Offizin, im Jahr 1496 (GW 5050) sowie am 24.8.1497 (GW 5051). Am 29.5.1498 brachte Schönsperger seinerseits einen Nachdruck seiner interpolierten Ausgabe heraus (GW 5052).
Die Erstausgabe GW 5048 weist, wie bislang unbekannt war, auflageninterne Varianten auf, die auf Korrektureingriffe in den laufenden Druckprozess zurückgehen und dazu führen, dass sich die Exemplare der Ausgabe punktuell voneinander unterscheiden. Sebastian Leue hat dies 2019 in seiner Würzburger Studienabschlussarbeit nachgewiesen. Er hat die Exemplare Colmar, Freiburg und Weimar kollationiert und die eruierten Textvarianten verzeichnet:

c1v, 5 wikheit ] wißheit (korrigiert in Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- c2r, 9 mieh ] mich (korrigiert in Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- c2r, 39 gwnlo ] gwalt (korrigiert in Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- c2r, 42 stossen ] stessen (Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- c5v, 44 vnrott ]vnratt (Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- c5v, 71 krefft gst] krefftigst (korrigiert in Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- c5v, 72 kle bt] klebt (korrigiert in Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- d1r, 20 Es ist [ Es st (Ex. Colmar) -- q3v, 4 das in vil eer werd] das inen vil werd (korrigiert in Ex. Weimar u. Ex. Colmar) -- r2r, 39 dochter statt] dochter / statt (*unlesbar* in Ex. Colmar) -- Diese Beobachtungen sind zu ergänzen anhand der bisher nicht kollationierten Exemplare Luzern, Milano, New York, Weimar.

Eine Untersuchung aller erhaltenen Exemplare von GW 5048 (s.u.) steht noch aus. Hinzuzufügen ist, dass die Exemplarvarianz, wie ebenfalls bisher unbekannt, auch die Holzschnitte betrifft. Die Bilder in den Exemplaren Weimar, Freiburg und Colmar stimmen nicht alle überein, wie diese Übersicht anhand zweier Beispiele zeigt (siehe Genaueres unten zu Ex. Colmar und Weimar). Die erhaltenen Exemplare von GW 5048 unterscheiden sich also punktuell in Bild und Text. Dieser Befund ist an den weiteren Exemplaren der Ausgabe zu überprüfen. Aus den auflageninternen Varianten lässt sich allerdings nur bedingt eine Chronologie der Exemplare gewinnen, da der Drucker einzelne Lagen druckte und diese erst nach Abschluss des Druckprozesses zu einem Exemplar gebunden wurden.
Der digitalen Präsentation der Straßburger Bearbeitung des ‚Narrenschiffs‘ (GW 5048) liegt das Freiburger Exemplar zugrunde.

Signatur Freiburg i.Br., Universitätsbibliothek, Ink. E 4679
Katalog Katalog der UB Freiburg
Digitalisat Freiburger historische Bestände - digital
XML-Datei XML-Datei im TEI-P5-Format (Narragonien digital)
Anzeige Online-Anzeige in der Synopse (Narragonien digital)

Das Freiburger Exemplar ist vollständig. Es ist unrubriziert und unkoloriert. Benutzerspuren fehlen bis auf den Besitzeintrag auf dem Titelblatt (Provenienz: Benediktinerkloster Kloster Trudbert) und eine kurze Notiz auf fol. d2v. Sebastian Leue hat bei der Untersuchung der Exemplarvarianten in drei Exemplare Rückschlüsse auf die Chronologie der Herstellung gezogen: Demnach weist das Ex. Freiburg die meisten Druckfehler bzw. die wenigsten Korrekturen auf und wurde daher wohl zu einem früheren Zeitpunkt als das Ex. Colmar gedruckt. Das Weimarer Exemplar hingegen zeige die meisten und unikale Textkorrekturen/-revisionen und scheint daher aus einer späteren Druckphase zu stammen. Dieser Befund wäre durch eine Untersuchung aller erhaltenen Exemplar zu überprüfen. Die auflageneinternen Variante auf der Text- und auf der Bildebene sind in der Synopse bzw. in der Einzelwerkanzeige von GW 5048 verzeichnet. Zu den varianten Holzschnitten vgl. unten zu Ex. Colmar und zu Ex. Weimar.
Die nachfolgenden Angaben fußen auf den Inkunabelverzeichnissen (GW, ISTC usw.) und Bibliothekskatalogen und wurden, soweit möglich, durch Autopsie ergänzt.

Colmar, Bibliothèque municipale, XI 9821
Vollständiges, nicht rubriziertes und nicht koloriertes Exemplar; zeitgenössischer Ledereinband; hs. Eintrag auf dem Titelblatt: "1494 Argentinae". Die Textvarianten zu den Ex. Weimar und Freiburg sind in der digitalen Präsentation von GW5048 verzeichnet. Das Exemplar weist zu Kap. 63 'Von bettlern' (fol. l6r) einen Holzschnitt auf, der kein Nachschnitt des Basler Originals zu Kap. 63 ist, sondern vielmehr einen Geldnarren in der Wechselstube zeigt. Dieser Geldnarren-Holzschnitt wird in der Straßburger Erstausgabe insgesamt fünf Mal wiederholt (fol. a6v [Kap. 3], b4r [Raumfüller], d2v [Kap. 17], l6r [Kap. 63, nur Colmar], p3v [Kap. 83]), es handelt sich offenbar um eine Art "Platzhalter". Auffällig ist aber, dass in der Straßburger Ausgabe ein Nachschnitt des Basler Originalholzschnitts zu Kap. 63 durchaus existiert, allerdings einem anderen Kapitel (Kap. 70) zugeordnet ist. Das Colmarer Exemplar zeigt zu Kap. 63 also nicht den "richtigen" Nachschnitt, sondern den Standard-Platzhalter des Geldnarren. Offenbar ist dies dem Drucker aufgefallen, so dass dieser in den Druckprozesses der Straßburger Ausgabe eingriff und den "falschen" Holzschnitt zu Kap. 63 durch den "richtigen" Holzschnitt ersetzte (so dass dieser nun in Kap. 63 und Kap. 70 erscheint; vgl. den Überblick). Alle danach gedruckten Exemplare - hier Weimar und Freiburg - zeigen daher zu Kap. 63 nicht mehr den Geldnarren, sondern den "richtigen" Nachschnitt des Baslers Originals. Dies trifft auch für alle nachfolgenden Auflagen des Straßburger Textes (GW 5050, GW 5051) und für die Augsburger Nachdrucke (GW 5049, GW 5052) zu. Es könnte dies darauf hindeuten, dass das Ex. Colmar vor den Ex. Weimar und Freiburg gedruckt wurde. Das Exemplar liegt dem Print-Faksimile von Geeraedts 1981 zugrunde.
>> Katalogeintrag der BU Colmar >> kein Online-Digitalisat verfügbar

Freiburg i.Br., Universitätsbibliothek, Ink. E 4679
Das Freiburger Exemplar liegt der digitalen Textpäsentation zugrunde, Beschreibung s.o.

Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Tresor BB S.21.4
Unvollständiges, nicht rubriziertes und nicht koloriertes Exemplar. Es fehlen fol. a1 und a3. Die Lagen a bis c und k bis l sind durchgehend beschädigt (Textverlust). Hs. Randbemerkungen.
>> Katalogeintrag der ZHB Luzern >> Kein Digitalisat verfügbar

Milano, Biblioteca Ambrosiana, Inc.1379
Aus dem Besitz des Historikers und Politikers Pietro Custodi (1771-1842).
>> Katalog der Ambrosiana >> Kein Digitalisat verfügbar

Kloster Neustift, Sign. 3243
Ein 'Narrenschiff geteutschet cum fig.[uris] in 4°' wird bereits in dem 1777 von F. Gras und A. Cathrein herausgegebenen Bibliothekskatalog von Neustift bei Brixen ('Raritas librorum in bibliotheca Novacellensi ... delitescentium', Brixen 1772, S. 135) verzeichnet. Im Katalog von 1789 (Franz Gras: Verzeichnis typographischer Denkmäler aus dem 15. Jahrhundert, Weger 1790, Bd. 2, S. 34f.) wird eine Ausgabe des deutschen 'Narrenschiffs', die am Ende defekt sei, als Erstausgabe identifiziert, allerdings nur aufgrund des auf 1494 datierten Holzschnitts zu Kap. 4 , der doch auch in später erschienenen Ausgaben erscheint. Es wird sich um das vorliegende Exemplar von GW5048 handeln. Zusätzlich verzeichnet der Katalog von 1789 a.a.O. ein Exemplar von Cammerlanders 'Narrenschiff' von 1545 ("in elenden Knittelreimen").
>> Katalogeintrag der Stiftsbibliothek >> Kein Digitalisat verfügbar

New York, The Morgan Library, PML 27525.2 (ChL 1401a)
Zeitgenössischer Ledereinband; der Sammelband enthält die dritte Ausgabe der 'Stultifera navis' (GW 5062) und GW 5048. Mehrere Zeichnungen am Rand (u.a. Samson und der Löwe fol. a1v; Auferstehung Christi fol. t6r. Provenienz laut Katalog: Valentin Kroba (Einträge von 1560, fol. a1v, und y4v; erworben von Joseph Baer, Juli 1930.
>> Katalogeintrag der Morgan Library >> Kein Digitalisat verfügbar

Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Inc 324
Nicht rubriziertes und nicht koloriertes Exemplar. Es fehlen die Bl. 104 bis 107, die hs. ersetzt wurden, s.u.; gelegentliche hs. Unterstreichungen (s. auch fol. t7v), Markierungen der Plusverse in marginevon F. Zarncke (s.u.); Provenienz: Exlibris der Bibliotheca Gottschedeana auf dem Vorsatzblatt; Bibliothek von Meusebach. In das Weimarer Exemplar eingebunden ist ein Brief von Friedrich Zarncke an Hofrat Karl Hartwig Gergor von Meusebach vom 3.3.1850 (Transkription bei Leue 2019, S. 138). Demnach hatte Zarncke das (heute in Weimar verwahrte) Exemplar von GW 5048 aus der Bibliothek Meusebach ausgeliehen und für seine Ausgabe von 1854 kollationiert. Zarncke erwähnt zudem, dass er die im Exemplar fehlenden Blätter t4 und t5 handschriftlich mit dem Text der Augsburger Ausgabe (1495) , die ein sprachlich angepasster, aber inhaltlich getreuer Nachdruck der Straßburger Ausgabe sei, ergänzt habe. Des Weiteren habe er alle Interpolationen des Straßburger Anonymus im Weimarer Exemplar mit Bleistift markiert. Auf Zarnckes Brief folgen eine Abschrift des Incipit und Explicit von Jacob Lochers ’Stultifera navis‘ (1497) und umseitig Anmerkungen zu weiteren ‚Narrrenschiff‘-Ausgaben der Frühen Neuzeit. Zur Exemplarvarianz: Das Ex. Weimar weist in zwei Fällen Holzschnitte auf, die von den Ex. Freiburg und Colmar und auch von allen späteren Auflagen und Nachdrucken abweichen: Zu Kap. 61 dupliziert das Ex. Weimar den Holzschnitt zu Kap. 62, ein und derselbe Holzschnitt bebildert also zwei aufeinander folgende Kapitel. Die zweite Abweichung betrifft Kap. 51 (fol. k3r), wo das Ex. Weimar - im Unterschied zu den Ex. Colmar und Freiburg - den Holzschnitt zu Kap. 105 vorzieht.
>> Katalogeintrag der HAAB >> Digitalisat der HAAB

Verschollene / verlorene Exemplare
Das von Knape / Wilhelmi 2015 zu D135 (Bd. 1, S. 402) genannete Ex. Brüssel, BR überliefert die Zweitausgabe GW 5050 (siehe MRFH 20650).